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Teslas schalten Autopilot vor dem Crash ab: Jetzt ermitteln die Behörden
14. Juni 2022 | Tobias Stahl
Gibt der Autopilot absichtlich kurz vor einem Unfall die Kontrolle ab?
Tesla-Chef Elon Musk hatte in der Vergangenheit mehrmals behauptet, dass bestimmte Unfälle nicht Teslas Schuld sein können, da die vom Unternehmen extrahierten Daten immer zeigten, dass Autopilot im Moment der Kollision nicht aktiviert war. Nun steht die Frage im Raum, ob das System so konzipiert ist, dass es sich bei einem drohenden Unfall einfach abschaltet.Die US-Verkehrssicherheitsbehörde NHTSA weitet Ihre Untersuchung von Teslas Autopiloten weiter aus – nun sollen bis zu 830.000 Tesla-Fahrzeuge aller vier Modelle zurückgerufen werden. Die NHTSA hat offenbar Grund zur Annahme, dass der Autopilot sich in mehreren Instanzen kurz bevor es zu einem Unfall kam selbstständig abgeschaltet hat.
Die US-Verkehrssicherheitsbehörde National Highway Traffic Safety Administration (NHTSA) will ihre Untersuchung zu Teslas Autopiloten ausweiten: 830.000 Tesla-Fahrzeuge aller vier aktuellen Modellreihen sollen untersucht werden. Die Untersuchung begann bereits im vergangenen Jahr als Reaktion darauf, dass Tesla-Fahrzeuge mehrmals auf mysteriöse Weise in Unfallstellen gerast waren, an denen sich bereits Ersthelfer befanden.
Die Behörde hat laut Fortune eine Reihe von Unfällen analysiert, die Muster in der Leistung des Fahrzeugs und dem damit verbundenen Verhalten des Fahrers aufzeigten. Infolgedessen kam die NHTSA zu dem Schluss, dass die Ergebnisse eine Eskalation der Untersuchung von einer bisher "vorläufigen Auswertung" zu einer "technischen Analyse" rechtfertigen. Eine solche technische Analyse kann in den USA die Vorstufe zu einem Rückruf bilden – wobei es durch Teslas Over-the-Air-Updates womöglich nicht erforderlich sein wird, die Fahrzeuge in Werkstätten oder zu Händlern zurückzubringt.
Gibt der Autopilot absichtlich kurz vor einem Unfall die Kontrolle ab?
Der Zweck der Ausweitung der Untersuchung besteht darin, "zu untersuchen, inwieweit Autopilot und die damit verbundenen Tesla-Systeme menschliche Faktoren oder verhaltensbedingte Sicherheitsrisiken verschärfen können, indem sie die Wirksamkeit der Überwachung durch den Fahrer untergraben."
Die NHTSA erklärte, dass sie in 16 separaten Fällen, in denen ein Tesla-Fahrzeug in eine bestehende Unfallstelle gerast war, festgestellt hat, dass der Autopilot "die Fahrzeugkontrolle weniger als eine Sekunde vor dem Aufprall abgegeben hat", was darauf hindeutet, dass die Fahrer der Fahrzeuge keine Zeit hatten, die Kontrolle über das Fahrzeug zu übernehmen.
Tesla-Chef Elon Musk hatte in der Vergangenheit mehrmals behauptet, dass bestimmte Unfälle nicht Teslas Schuld sein können, da die vom Unternehmen extrahierten Daten immer zeigten, dass Autopilot im Moment der Kollision nicht aktiviert war. Nun steht die Frage im Raum, ob das System so konzipiert ist, dass es sich bei einem drohenden Unfall einfach abschaltet.
Alle derzeitigen autonomen Funktionen von Tesla, einschließlich der gepriesenen Full Self-Driving-Technologie, die sich derzeit in der Betaphase befindet, gelten als Assistenzsysteme, bei denen der Fahrer jederzeit haftbar ist und nicht der Hersteller.
Beschwerden auf der NHTSA-Website häufen sich
Auf der Website der NHTSA, wo auch Nutzer Beschwerden zu bestimmten Fahrzeugen einreichen können, häufen sich indes die Berichte von Model-3-Fahrern, die bei aktiviertem Autopilot sogenannte "Phantombremsungen" erleben – auch in Situationen, in denen ein Fahrzeug am Straßenrand zum Liegen gekommen war: "Ich hatte heute auf einer Fahrt 2 Phantombremsungen", heißt es dort unter anderem. "Die Situation war ähnlich - ein Auto mit einer Panne auf dem Seitenstreifen. In beiden Fällen habe ich verlangsamt und bin ein bisschen nach links gefahren, um ihnen Platz zu machen. Ich hatte den Tempomat eingeschaltet, aber als ich bremste, ging er aus. In beiden Fällen bremste der Tesla stark, sobald ich die Autos überholt hatte. In einem Fall wäre mir der Hintermann fast aufgefahren. In beiden Fällen hatte ich die volle Kontrolle über das Auto, verlangsamte das Tempo und wich aus. Die Phantombremsung fand statt, als ich an der Gefahr vorbeifuhr - mit anderen Worten: zu unnötig und zu spät, um noch zu helfen. Das hat mir einen gehörigen Schrecken eingejagt - zweimal. Das Auto ist bei jeder Geschwindigkeit unsicher."
Ein anderer Nutzer schreibt: "Auf einer Reise nach Nordkalifornien benutzte ich den 'traffic-aware cruise control" [ein den Verkehr analysierender Tempomat, Anm. d. Red.], und es gab mehrere Episoden plötzlicher Vollbremsungen ohne ersichtlichen Grund. Da 20 Autolängen vor uns kein Fahrzeug war, keine Kurven, keine Fahrzeuge, die sich von der Seite in unsere Spur bewegten, hatten wir keinen Hinweis darauf, warum es zu dieser erschütternden Erfahrung kam."
Bei Teslas Autopiloten handelt es sich – entgegen des Namens – rechtlich und technisch betrachtet nicht um einen vollständigen Autopiloten, sondern lediglich um ein Fahrassistenzsystem. Tesla-Fahrer werden in den Bedienungsanleitungen der Fahrzeuge und über das Infotainment-Display im Fahrzeug darauf hingewiesen, dass sie jederzeit in der Lage sein müssen, die Kontrolle über das Fahrzeug zu übernehmen.
https://efahrer.chip.de/news/teslas...crash-ab-jetzt-ermitteln-die-behoerden_108316