Dass mit den 35 € ist so nicht richtig. Denn die Betragsgrenze ist nicht Ausgangspunkt für die Frage nach der Verwarnung oder Anzeige, sondern nur Rechtsfolge, wenn der Beamte sich für eine Verwarnung entscheiden. D.h.: Sollte bei einer geringfügigen Owi der Beamte entscheiden, nur eine Verwarnung auszusprechen (statt eine Owi-Anzeige zu schreiben), dann beträgt/betrug die Höhe des Verwarnungsgeldes max. 35 €.
Zudem ist die 35 € Grenze schon seit Jahren nicht mehr aktuell. Bei Ordnungswidrigkeiten geringerer Relevanz besteht für die Polizei (wie für die allgemeinen Ordnungsbehörden) die Möglichkeit der Verwarnung mit (§ 57 II i.V.m. § 56 I S. 1 OWiG) oder ohne (§ 57 II i.V.m. 56 I S. 2 OWiG) Verwarnungsgeld. Die Höhe des Verwarnungsgeldes für Ordnungswidrigkeiten beträgt nach § 56 I S. 1 OWiG mindestens 5 €, höchstens 55 €. Daran hat die StVO-Novelle nichts geändert, siehe BGBl I 2020, S. 814 ff. Bei Verkehrsordnungswidrigkeiten geringer Bedeutung kann also die Behörde nach wie vor entschedien, ob sie verwarnt oder eine Owi-Anzeige schreibt.
Bleibt schließlich die Frage, wann eine Owi geringer Bedeutung vorliegt: Das hängt nicht nur von der Verstoßart ab, sondern auch von den Einzelfallumständen. So kann bei einem sog. Augenblicksversagen, wenn die Schuld des Betroffenen gering ist, auch dann eine Verwarnung ausgesprochen werden, wenn an sich eine Owi-Anzeige vorgesehen ist. IdR ist aber eine Owi keinesfalls mehr geringfügig, wenn der Bußgeldkatalog Punkte und/oder Fahrverbote vorsieht.