NeoNeo
Mannschaftskabine
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Nun hab ich doch zufällig mal ein paar Informationen aus Litauens Reparaturkarusell aus erster Hand erhalten und wollte Euch kurz daran teilhaben lassen, auch wenn es für die meisten wohl nichts wirklich Neues ist. Aber immerhin...
Die Tage kam ein neuer Mandant in mein Büro, auf den ersten Eindruck Russe, heißt Petr, 45 Jahre alt und ist gelernter Traktorenschlosser. Erster Satz nach der Begrüßung "hast Du geile Ami-Auto, hab ich schon an viele repariert". Hat mich natürlich hellhörig werden lassen. Wie sich herausstellte ist er Litauer und hat bis vor 3 Jahren in einer Hinterhofwerkstatt nahe Kelmé fleißig importierte Unfaller instandgesetzt. Nicht nur Ram's, sondern so ziemlich alles, was man hier in Deutschland teuer verkaufen kann. Mercedes, BMW, Audi, Porsche, aber eben auch Ram, Charger, Challenger usw... Hatten ein sehr langes, ausführliches Gespräch mit gaaaaaaaanz viel Kaffee...
Will jetzt hier keinen großen blumigen Text verfassen, aber gern mal ein paar Grundsatzinfos zum Thema Litauen-Schrott aus seinem Munde:
- Gekauft wird regelmäßig auf Versicherungsversteigerungen bei einer Gewinnspanne zum dann reparierten Fahrzeug von mehreren hundert bis 1000 Prozent. Je höher der Schaden, desto höher die Gewinnspanne.
- Reparaturdauer der aufgekauften Fahrzeuge zwischen 4 Wochen und 2 Jahre. Letztere stehen dann halt, bis die passenden Schrotti-Ersatzteile aus einem anderen Unfaller reinkommen.
- Manche reparierten Fahrzeuge bestehen letztlich sogar aus 2 oder 3 Einzelschrottfahrzeugen, gelegentlich werden auch Fahrgestellnummern nur umgeschweißt und Papiere angepasst (je nach Modell und Aufwand), damit bei einer Carfax-Abfrage (ja, die wissen was das ist) ein weniger beschädigtes Fahrzeug angezeigt und ausgewiesen wird. Daher auch oft Abweichungen in der Ausstattung und dergleichen. Kann auch gut mal sein, dass in einem Nicht-EU-Land ein gleiches Fahrzeug mit gleicher Fahrgestellnummer unterwegs ist, wie bei uns. Kommt selten vor, aber passiert...
- Polizei schaut ab und an mal vorbei, holt sich ihr Taschengeld ab und fährt wieder. Kontrolliert wird da nix, weil im Grunde alles soweit legal ist, wenn man drei Hühneraugen zudrückt.
- In seiner gesamten Zeit dort, hat er nur ganz selten irgendwelche Neuteile an solchen Unfallern verbaut. Es wird ausgeschlachtet, was immer auch geht, da stehen dann auch gern mal 3 oder 4 Fahrzeuge eines Modells mit verschiedenen Schadensbildern rum, die nur der Ersatzteilgewinnung dienen. Auf Baujahre und dergleichen achtet da niemand, was passt, passt halt, wird passend gemacht oder steht halt bis was Passendes reinkommt.
- Rahmen schweißen an Pickups und LKW ist Azubi-Arbeit, der brutzelt dann drauf, was das Zeug hält, der Chef schaut auch mal umme, aber geprüft wird da absolut gar nichts. Radiographie von Schweißnähten oder so kennt da niemand. Die filigraneren Teile an sichtbaren Stellen oder der Karosserie macht hingegen tatsächlich ein langjähriger Profi. Da erkennt man später nichts mehr von dem Schaden oder dass da zwei Karosserien zusammengeschweißt wurden. Haben aber auch echte Karosseriefachleute, die Teile selbst nachbauen, allerdings auch gern mal aus Billigblech.
- Neue Airbags sind auch zu teuer. Falls in den Ausschlachtfahrzeugen was Passendes verbaut ist, werden die auch nur ungern in Reparaturfahrzeuge verbaut, sondern lieber einzeln verkauft (z.Bsp. bei Ebay, aber kaum nach Deutschland). Kommt immer etwas darauf an, wie gut sich die Altteile verkaufen lassen. Was nicht oder schlecht verkaufbar ist, wird eingebaut, ansonsten kommt nur ein 5 Euro Airbag-Simulator-Teil auf die jeweiligen Stecker. Gleiches gilt für Gurtstraffer, Sitzbelegungserkennung und so weiter. Kommt auch immer etwas darauf an, wohin der Wagen anschließend gehen soll, denn die Fahrzeuge sind zu zwei Dritteln schon vorbestellt. Auch von deutschen Händlern. Ist also auch nicht so, dass die alle versehentlich an so ein Fahrzeug geraten.
- Bei hochpreisigen Fahrzeugen mit hoher Gewinnspanne und wenig vorhandenem Schrottvorrat werden auch mal nachgemachte Teile aus China verwendet, die haben da Firmen an der Hand, die machen faktisch jedes gewünschte Teil auf Bestellung. Vom Xenon-Scheinwerfer bis zum einzelnen Türgriff oder Fahrwerksteil.
- Sein letztes Projekt in Litauen, ein Challenger Totalschaden. Ersteigert und rübergeholt für umgerechnet rund 6.000 Euro, nach Reparatur verkauft nach Deutschland an einen Händler für rund 28.000 Euro. Wurde seines Wissens hier weiterverkauft für 32.000 Euro. Airbags hat das Dingens jedenfalls keine.
usw...
* * * * *
Der Gute hat damit was um die 1.000 Euro im Monat verdient. Für Litauen ein durchaus ansehnliches Gehalt für einen Fahrzeugschlosser. Hat aber auch gesagt, er selbst würde sich niemals ein solches Fahrzeug kaufen...
Ich muss zugeben - ich auch nicht...
Die Tage kam ein neuer Mandant in mein Büro, auf den ersten Eindruck Russe, heißt Petr, 45 Jahre alt und ist gelernter Traktorenschlosser. Erster Satz nach der Begrüßung "hast Du geile Ami-Auto, hab ich schon an viele repariert". Hat mich natürlich hellhörig werden lassen. Wie sich herausstellte ist er Litauer und hat bis vor 3 Jahren in einer Hinterhofwerkstatt nahe Kelmé fleißig importierte Unfaller instandgesetzt. Nicht nur Ram's, sondern so ziemlich alles, was man hier in Deutschland teuer verkaufen kann. Mercedes, BMW, Audi, Porsche, aber eben auch Ram, Charger, Challenger usw... Hatten ein sehr langes, ausführliches Gespräch mit gaaaaaaaanz viel Kaffee...
Will jetzt hier keinen großen blumigen Text verfassen, aber gern mal ein paar Grundsatzinfos zum Thema Litauen-Schrott aus seinem Munde:
- Gekauft wird regelmäßig auf Versicherungsversteigerungen bei einer Gewinnspanne zum dann reparierten Fahrzeug von mehreren hundert bis 1000 Prozent. Je höher der Schaden, desto höher die Gewinnspanne.
- Reparaturdauer der aufgekauften Fahrzeuge zwischen 4 Wochen und 2 Jahre. Letztere stehen dann halt, bis die passenden Schrotti-Ersatzteile aus einem anderen Unfaller reinkommen.
- Manche reparierten Fahrzeuge bestehen letztlich sogar aus 2 oder 3 Einzelschrottfahrzeugen, gelegentlich werden auch Fahrgestellnummern nur umgeschweißt und Papiere angepasst (je nach Modell und Aufwand), damit bei einer Carfax-Abfrage (ja, die wissen was das ist) ein weniger beschädigtes Fahrzeug angezeigt und ausgewiesen wird. Daher auch oft Abweichungen in der Ausstattung und dergleichen. Kann auch gut mal sein, dass in einem Nicht-EU-Land ein gleiches Fahrzeug mit gleicher Fahrgestellnummer unterwegs ist, wie bei uns. Kommt selten vor, aber passiert...
- Polizei schaut ab und an mal vorbei, holt sich ihr Taschengeld ab und fährt wieder. Kontrolliert wird da nix, weil im Grunde alles soweit legal ist, wenn man drei Hühneraugen zudrückt.
- In seiner gesamten Zeit dort, hat er nur ganz selten irgendwelche Neuteile an solchen Unfallern verbaut. Es wird ausgeschlachtet, was immer auch geht, da stehen dann auch gern mal 3 oder 4 Fahrzeuge eines Modells mit verschiedenen Schadensbildern rum, die nur der Ersatzteilgewinnung dienen. Auf Baujahre und dergleichen achtet da niemand, was passt, passt halt, wird passend gemacht oder steht halt bis was Passendes reinkommt.
- Rahmen schweißen an Pickups und LKW ist Azubi-Arbeit, der brutzelt dann drauf, was das Zeug hält, der Chef schaut auch mal umme, aber geprüft wird da absolut gar nichts. Radiographie von Schweißnähten oder so kennt da niemand. Die filigraneren Teile an sichtbaren Stellen oder der Karosserie macht hingegen tatsächlich ein langjähriger Profi. Da erkennt man später nichts mehr von dem Schaden oder dass da zwei Karosserien zusammengeschweißt wurden. Haben aber auch echte Karosseriefachleute, die Teile selbst nachbauen, allerdings auch gern mal aus Billigblech.
- Neue Airbags sind auch zu teuer. Falls in den Ausschlachtfahrzeugen was Passendes verbaut ist, werden die auch nur ungern in Reparaturfahrzeuge verbaut, sondern lieber einzeln verkauft (z.Bsp. bei Ebay, aber kaum nach Deutschland). Kommt immer etwas darauf an, wie gut sich die Altteile verkaufen lassen. Was nicht oder schlecht verkaufbar ist, wird eingebaut, ansonsten kommt nur ein 5 Euro Airbag-Simulator-Teil auf die jeweiligen Stecker. Gleiches gilt für Gurtstraffer, Sitzbelegungserkennung und so weiter. Kommt auch immer etwas darauf an, wohin der Wagen anschließend gehen soll, denn die Fahrzeuge sind zu zwei Dritteln schon vorbestellt. Auch von deutschen Händlern. Ist also auch nicht so, dass die alle versehentlich an so ein Fahrzeug geraten.
- Bei hochpreisigen Fahrzeugen mit hoher Gewinnspanne und wenig vorhandenem Schrottvorrat werden auch mal nachgemachte Teile aus China verwendet, die haben da Firmen an der Hand, die machen faktisch jedes gewünschte Teil auf Bestellung. Vom Xenon-Scheinwerfer bis zum einzelnen Türgriff oder Fahrwerksteil.
- Sein letztes Projekt in Litauen, ein Challenger Totalschaden. Ersteigert und rübergeholt für umgerechnet rund 6.000 Euro, nach Reparatur verkauft nach Deutschland an einen Händler für rund 28.000 Euro. Wurde seines Wissens hier weiterverkauft für 32.000 Euro. Airbags hat das Dingens jedenfalls keine.
usw...
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Der Gute hat damit was um die 1.000 Euro im Monat verdient. Für Litauen ein durchaus ansehnliches Gehalt für einen Fahrzeugschlosser. Hat aber auch gesagt, er selbst würde sich niemals ein solches Fahrzeug kaufen...
Ich muss zugeben - ich auch nicht...