Tesla gegen Elektro-Audi getauscht: E-Auto-Fahrer zieht schonungslose Bilanz
Einmal Tesla, immer Tesla? Ein amerikanischer E-Fahrer entschied sich für den Umstieg auf einen deutschen Stromer. Nach einer Woche mit seinem neuen Elektroauto stellt er einen ausführlichen Vergleich auf - mit eindeutigem Ergebnis. Kaum eine Marke hat so loyale Fans wie der US-amerikanische E-Autohersteller Tesla. Viele der eingeschworenen Anhänger verteidigen sowohl das Unternehmen als auch dessen umstrittenen Chef Elon Musk gegen jegliche Kritik. Doch es gibt auch E-Fahrer, die einst Tesla-Kunden waren und sich irgendwann für eine andere Marke entscheiden. So geschehen bei einem US-Amerikanischen Forumsmitglied der Plattform Tesla Owners Online. Der Mann, von dem nur sein Accountname "SoFlaModel3" bekannt ist, berichtete Anfang August über seinen Umstieg von Teslas Model 3 auf den Audi e-tron. Dem Umstieg auf Audi ging eine langjährige Tesla-Treue voraus Wie lange der Amerikaner bereits Tesla-Kunde ist, wird klar, als er einige Anekdoten zu seinem ersten Tesla erzählt: Dabei handelte es sich um ein Model 3 Long Range mit Hinterradantrieb, Jahrgang 2018. Ein paar Monate lang sei sein Auto eine solche Rarität auf der Straße gewesen, dass sein Auto ein echter Hingucker gewesen sei. "Das war so früh, dass die beheizten Rücksitze immer noch per Software gesperrt waren und Leute versuchten herauszufinden, ob die Hardware überhaupt vorhanden war", erinnert er sich. Nach einiger Zeit habe Tesla genügend Hardware-Upgrades und andere Verbesserungen vorgenommen, dass er neugierig wurde und schließlich sein 2018 Model 3 gegen ein 2021er-Version eintauschte. Auch dieses Mal entschied er sich für die Long-Range-Ausführung, aber jetzt mit Dual-Motor. Das Auto sei jedoch mit "Tonnen von Mängeln" geliefert worden: Der Lack sei beschädigt gewesen und die Passform habe nicht gestimmt, ein Beifahrersitz sei lose gewesen und Teile des Armaturenbretts hätten ununterbrochen geklappert, berichtet SoFlaModel3. Selbst nach fünf Besuchen im Servicecenter seien die Probleme immer noch nicht behoben gewesen. Glücklicherweise sei dies zu der Zeit gewesen, als die Gebrauchtwagenpreise zu steigen begannen. So habe er auf den 2022 Long Range Dual Motor mit Gewinn umsteigen können - und habe bei dem Tausch sogar Gewinn machen können. Doch auch sein drittes Model 3 sei nicht fehlerfrei geliefert worden: Die Lackfehler habe Tesla immerhin schnell ausgebessert, doch das E-Auto habe nach der Reparatur stark geklappert. "Der Kofferraum rieb bei jedem Schließen an der Karosserie und streifte auch die Farbe ab. Ich hatte einfach die Nase voll von den Qualitätsproblemen und der Unfähigkeit, sie zu beheben", schreibt der ehemalige Tesla-Fahrer. Zudem sei er es leid gewesen, auf einige Funktionen eines „normalen Autos“ zu verzichten.
Nach einigen Testfahrten, unter anderem mit einem BMW i4 und einem Audi S4, habe er gewusst: Ein
Audi eTron sollte es werden. Wenige Tage später habe er seinen Wunsch-Audi testfahren und kaufen können. Lieferzeit: Sofort. Besonders positiv sei ihm dabei aufgefallen, dass der Händler eine umfangreiche Inspektion durchgeführt habe, um Schäden und Fehler ausschließen zu können. Nach viereinhalb Jahren mit Tesla und zwei fehlerhaften Model 3 wisse er diesen Extraaufwand zu schätzen.
Dann startet der Audi-Neuling in die Detailbewertung seines eTron und beginnt dabei mit der App: Im Grunde könne die Audi-App alles, was die Tesla-App könne. Den Telefon-Schlüssel, das schnellere Laden und die Tatsache, dass Bluetooth in unmittelbarer Nähe des Autos funktioniere, vermisse er allerdings bei seinem neuen E-Audi. Besonders gut gefalle ihm die Möglichkeit, die klimatisierten Sitze via App einzuschalten.
Auch der kleine Begrüßungstanz der LED-Leuchten beim Einsteigen ins Auto gefalle ihm. "Es mag trivial erscheinen, aber es fühlt sich einfach gut an." An den Start-Stopp-Knopf habe er sich etwas gewöhnen müssen, da er es jahrelang gewöhnt gewesen sei, einfach einzusteigen und aufs Pedal zu treten. Die ersten zwei Tage sei er sich manchmal nicht sicher gewesen, ob sein eTron gerade ein- oder ausgeschaltet sei, gibt er zu. Danach habe es sich jedoch immer natürlicher angefühlt.
Das virtuelle Cockpit finde er "sehr cool". Das Display befinde sich hinter dem Lenkrad und könne hinsichtlich Design und angezeigten Inhalt weitgehend personalisiert werden. Es habe ihm nie etwas ausgemacht, nur ein Display zu haben, doch jetzt, da er auf ein Auto mit drei Bildschirmen umgestiegen sei, sähe er definitiv die Vorteile. Karten könne er nun auf dem einem Bildschirm sehen, Musik auf dem nächsten Display und die Klimaanlagensteuerung auf dem dritten.
Weiter geht es mit der Geräuschkulisse im Auto: Es sei kein Geheimnis, dass Tesla seine Schwächen habe, was die Lautstärke des Autos angehe, schreibt der ehemalige Model-3-Fahrer. Es handele sich vor allem um Straßengeräusche und nicht um Windgeräusche, glaubt SoFlaModel3, und führt dies auf das Fehlen einer Isolierung in den Radkästen zurück. Im Audi sei es herrlich leise. Auch Verarbeitung und Materialien des eTron schneiden in seinem Vergleich wesentlich besser ab. Nicht oder schlecht lackierte Stellen wie beim Model 3 gebe es beim eTron nicht. Einige Oberflächen des Audi müssten aber ständig von ihm mit einem Poliertuch nachbearbeitet werden, da man Fingerabdrücke sofort sehen könne. In dieser Kategorie gewinne Tesla, da das Unternehmen seit 2021 keine Oberflächenmaterialien mehr verwende, bei denen dies der Fall sei.
Hinsichtlich der Reichweite des eTrons räumt der Audi-Fahrer mit Vorurteilen auf: Die von Tesla angepriesenen Reichweiten sind seiner Meinung nach weit von der Realität entfernt. Währenddessen würde Audi potenziell eher weniger Reichweite versprechen, um seine Kunden nicht zu enttäuschen. "Es ist realistisch, dass ich mit meinem eTron mit einer Reichweite von 357 Kilometern auf einen Roadtrip gehen und 370 bis 390 Kilometer zurücklegen kann. Im Vergleich dazu kann ich mit meinem Tesla Model 3 mit
560 Kilometern Reichweite einen Roadtrip machen und 420 Kilometer zurücklegen."
Was SoFlaModel3 zu seinem nächsten Review-Punkt bringt: Wichtiger als die angegebene Reichweite seien bei einem Roadtrip die Lademöglichkeiten, meint er. "Der eTron lädt mit 150 Kilowatt, aber weil Audi einen großen Puffer in die Batterie einbaut, kann man Spitzenladegeschwindigkeiten von bis zu 80 Prozent erreichen, und er hält auch über 80 Prozent hinaus immer noch eine solide Rate. Das heißt, es ist eine ganz andere Dynamik als bei einem Tesla-Roadtrip", schreibt er. Er habe sogar einen Weg gefunden, seine alte Tesla-Wall-Station zum Laden zu nutzen: Dank eines Adapters sei auch der neue eTron mit dem Ladepunkt kompatibel.
Zum Fahrgefühl stellt der Audi-Neukunde klar, dass ein Vergleich bei den doch sehr verschiedenen Autotypen wenig Sinn machen würde. Ihm persönlich gefalle die Möglichkeit Teslas, mit nur einem Pedal zu fahren, besser. Dies sei in dieser Form mit dem Audi nicht möglich, da man letztlich doch irgendwann die Bremse nutzen müsse. Doch er sei diesbezüglich eben noch in einer Umgewöhnungsphase.
In seiner Zusammenfassung schreibt er: "Ich liebe einfach alles an meinem Audi. Ich bereue nichts. Meine Zeit mit Tesla war etwas Besonderes. Ich bin jedoch sehr glücklich, dass ich in der Lage war, ein überzeugendes Elektrofahrzeug zu bekommen, das nicht von Tesla hergestellt werden muss. Das ist letztendlich der einzige Weg, wie wir mit Elektrofahrzeugen vorankommen." Sein Model 3 konnte er dank der aktuellen Marktsituation sogar gewinnbringend verkaufen. Nach acht Monaten mit dem Tesla konnte er es immerhin mit einem Plus von knapp 3.500 Euro verkaufen. Für seinen Audi eTron bekam er zudem noch einen staatlichen Zuschuss von 7.400 Euro dazu.
Auch Apple CarPlay sorgt bei dem neuen Audi-Fahrer für jede Menge Begeisterung. "Früher war ich der Meinung, dass Tesla ein Softwareunternehmen war, das zufällig Autos herstellt und dies ihr Wettbewerbsvorteil war. Im Laufe der Zeit wurde ich immer frustrierter, da Tesla ein geschlossenes System hat und Sie ihnen ausgeliefert sind, ob sie die gesuchte App erstellen oder nicht. Apple CarPlay löst das." Auch wenn die Wireless-Version von CarPlay seiner Meinung nach nicht besonders stabil ist: Er liebe die vielen Möglichkeiten, Schnittstellen zu anderen Apps wie Audible, Microsoft Teams und Co. zu nutzen.
Die 360-Grad-Kamera des eTron sei ebenfalls hervorragend. Besonders beim Einparken in die Garage sei diese Funktion eine tolle Hilfe, um tote Winkel ausfindig zu machen und zu überwinden. Zusätzlich funktioniere die Rot- und Grünlicht-Erkennung seines Audis bemerkenswert gut. Als er sich das erste Mal einer roten Ampel genähert habe, zeigte sein Display ihm einen Countdown, wie lange die Ampel in etwa noch auf Rot geschaltet bleiben würde. Dieses Feature gehöre allerdings zum Audi-Connect-Paket, das nach der kostenlosen Probierphase rund 30 Euro pro Monat koste.
Wie viele (ehemalige) Tesla-Kunden ist auch SoFlaModel3 alles andere als begeistert von Teslas Autopilot, über dessen
Mängel auch E-Fahrer schon berichtet hat. Im Vergleich zu all den Problemen mit seinen alten Stromern sei der Audi-Autopilot überraschend zuverlässig, erklärt er. Das System halte das Auto sicher in seiner Spur. Die Einstellungen für den gewünschten Abstand zum vorderen Fahrzeug und die Geschwindigkeit seien zudem leicht veränderbar.
Auch die Scheibenwischer des eTron haben nach Meinung des Audi-Neulings viele Vorteile gegenüber den Tesla-Pendants. Sie seien einfacher zu justieren, da die Einstellung nicht "in irgendeiner App vergraben" sei. Zudem macht er auf ein Problem des Model 3 aufmerksam: "Aufgrund des Aero-Designs des Model 3 gelangt Waschflüssigkeit jedes Mal, wenn man sie verwendet, auf das Fahrerfenster und die Seite des Autos. Das passiert beim Audi nicht."
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