Familie fährt im E-Auto nach Frankreich: Ladehölle zerstörte ihnen den Urlaub
von Moritz Diethelm am 04.08.2021
Für Verbrenner-Fahrer ein Katzenspung
Nachdem dieser Ladevorgang also schief gelaufen war, versuchten wir, eine andere Schnellladesäule in Libourne zu erreichen, die auf Chargemap als frei und funktionsfähig markiert war. Nachdem wir diese Säule mit Ach und Krach erreichten, trafen wir dort ein einen anderen, sehr empörten E- Auto- Fahrer, der uns darüber in Kenntnis setzte, dass die Säule ähnlich funktionierte, wie die in Bergerac, und dass die Telefonhotline des Anbieters MobiVe an einem Sonntag keine Hilfestellung leisten konnte oder wollte.
Natürlich war unser Ladeversuch nicht erfolgreich. Uns gingen langsam die Optionen aus. Wir probierten nun zwei Ladestationen im Stadtgebiet von Libourne, die deutlich langsamer sein sollten.
Man darf nicht vergessen, dass unser Ziel an diesem Tag ein kleines Dorf im Medoc am Ufer der Gironde war. Das waren noch rund 100 km Fahrt, aus Sicht eines Verbrenner- Fahrers ein Katzensprung. Diese Ambition war der Grund für unsere zunehmende Unruhe angesichts der immer leereren Batterie.
Dann bleibt nur das Abschleppen
Blieb nur das Abschleppen des Autos und so fanden wir uns nach zwei Wartestunden im Auto auf der Ladefläche des Abschleppwagens wieder, der unseren Wagen in der Halle der Abschleppfirma über Nacht zwischenlagern und dann kommenden Montag bei einem Kia- Autohaus (die wohl alle eine eigene Ladestation haben) zum Aufladen abliefern sollte. Also gaben wir dem Abschleppfahrer den Autoschlüssel, auf dass er den Wagen in die Lagerhalle führe. Uns hatte die Assistance ein Taxi in unser Ferienhaus bestellt.
Wir nahmen aus unserem Auto nur das Allernötigste mit, da wir den Wagen ja am kommenden Tag zurückbekommen sollten.
Dann muss bei Kia Assistance etwas fürchterlich schief gelaufen sein. Als wir am Montag bis zum Mittag nichts gehört hatten und am Nachmittag anriefen, gelangten wir an einen anderen Mitarbeiter. Der versicherte uns, er hätte sämtliche Kia-Werkstätten im Gebiet Bordeaux angerufen und alle hätten ihm abgesagt, der früheste Termin wäre der 24.08.20 - Wochen nach unserer Heimreise.
Unseren Hinweis, es ginge doch nur um einen Ladevorgang, überhörte er oder nahm ihn nicht zur Kenntnis. Er würde weiter nach einer Lösung für uns suchen und sich dann melden, beschied er uns. Wir saßen in einem kleinen Dorf, inmitten malerischer Weinberge, ohne öffentlichen Nahverkehr. Einer Region, in der man nur mit einem Auto mobil sein kann. Ohne Auto. Ohne unser Gepäck und Annehmlichkeiten. Eine groteske Situation
Unser Vermieter, ein Elektriker, bot uns schließlich Hilfe an, er wollte bei sich daheim den Wagen an einer normalen Steckdose aufladen. Also veranlassten wir bei Kia Assistance, dass der Wagen von der Abschleppfirma direkt an unseren Urlaubsort gebracht wird, jedoch nicht vor Mittwochvormittag. Am Donnerstag wollten wir schon wieder abreisen. Dieser Termin wurde von der engagierten Mitarbeiterin der Abschleppfirma beim anschließenden Telefonat gleich wieder kassiert, es ginge frühestens Mittwochnachmittag.
Am Dienstag warteten wir stundenlang im Ferien-Haus. Draußen waren es 38 °C. Da ist der Weinberg kein gutes Ausflugsziel, besonders für Kinder nicht. Dann kam uns eine Idee: wir fragten bei der Abschleppfirma nach, ob sie den Wagen bis zum Transport in der Abschleppfirma an der Steckdose laden könnten. Das entsprechende Kabel befand sich im Auto. Eine Mitarbeiterin der Abschleppfirma sicherte uns zu, diese Möglichkeit zu prüfen und wenn möglich umgehend das Auto anzuschließen.
Keine zwei Stunden später rief die Dame zurück. Ja, man bemühe sich, diese Frage zu klären, aber es sei ihr schrecklich peinlich und komme sonst nie vor, man suche aber nun nach unserem Wagenschlüssel, der offensichtlich verloren gegangen sei. Gott sei Dank hatten wir den Zweitschlüssel dabei!
Ein Mitarbeiter der Abschleppfirma holte den Zweitschlüssel ab und musste uns hoch und heilig versprechen, diesen Schlüssel wie seinen Augapfel zu hüten. Am Abend gewitterte es vor der Tür und wir hofften, dass es auch für unseren Fall eine reinigende Wirkung entfalten würde.
Am Donnerstag nahmen wir Abschied von unserem Ferienhaus und dem freundlichen Gastgeber. Er riet uns, doch jetzt Lotto zu spielen, denn nach so viel Pech konnten wir nur noch gewinnen. Wir hatten vier Tage in einer touristisch hochattraktiven Region verbracht, ohne etwas davon zu sehen. Ein Taxi brachte uns zur Kia- Werkstatt wo wir unser Auto und den verbliebenen Schlüssel übernahmen und die Weiterreise antraten.
Am Mittwochmittag hörten wir wieder von der Abschleppfirma. Der Schlüssel war sicher angekommen, man hätte jetzt an mehreren Ladestationen versucht, den Wagen aufzuladen, was bei allen Stationen nicht gelungen sei. Die Dame am Telefon befürchtete einen Defekt am Wagen, darum hätte Sie kurzfristig bei einer Kia-Werkstatt in der Nähe einen Termin zum Prüfen und Aufladen des Wagens vereinbart.
Wir erinnern uns: ein Service, der Kia Assistance in Tagen nicht gelungen war. Der Wagen sei auf dem Weg in diese Werkstatt. Als wir am Nachmittag in der Werkstatt bange anriefen und uns nach dem Zustand des Wagens erkundigten, muss uns der Werkstattleiter für unzurechnungsfähig gehalten haben, denn der Wagen war quietschgesund und lud munter an der werkstatteigenen Ladesäule.
Nur einmal wurde uns unsere Bequemlichkeit, den Wagen während des Ladens allein zu lassen, zum Verhängnis, als irgendein Schelm die Stopp- Taste des Ladevorgangs drückte, während wir gemütlich im Restaurant saßen und auf das Vollladen der Autobatterie warteten. Also mußten wir den Ladevorgang nach unserer Rückkehr nochmals starten, was uns wieder Zeit stahl.
Die Funktionsfähigkeit der Chargemap- App und die Verbreitung der Abrechnungsmöglichkeit sind insbesondere in der Region Aquitaine verbesserungswürdig. Chargemap erklärt dazu, dass sich das MobiVe- Netz derzeit in Integration befinde. Ein definitiver Realisationstermin wurde nicht genannt.
MobiVe reagierte auf unsere Stellungnahme überhaupt nicht. So lange dort die technischen Fehlfunktionen nicht behoben sind, kann man von E-Autoreisen in der Region nur warnen, es sei denn, man findet eine Ladesäule, die nicht zum Netz der besagten Firma gehört. Die Kia-Werkstätten sind eine Alternative, aber nicht an Sonntagen.
Es fehlt an einer technischen Lösung für E-Autos, die dem Benzinkanister entspricht. Wenn ein Benziner mit leerem Tank stehenbleibt, geht der Chauffeur mit dem Kanister zur Tankstelle und holt den Notbedarf für den Motor bis zur Tankstelle.
Könnte man „rollende Batterien“ entwickeln?
Wir haben uns fest vorgenommen, diese Reise nochmals zu unternehmen, um all die Sehenswürdigkeiten und das Meer doch noch genießen zu können.
Wir werden dann jedoch von uns aus bis zum nächstgelegenen TGV-Bahnhof fahren und dort den Direktzug nehmen. Elektrisch ist das Medoc noch nicht bereit für uns.
https://efahrer.chip.de/news/famili...ladehoelle-zerstoerte-ihnen-den-urlaub_102873