Das Landesgericht für ZRS in Wien erkennt durch seine Richterin Dr. XXX YYY in der Rechtssache der klagenden Partei KingBill GmbH, wider die beklagte Partei XYZ, wegen EUR 18.254,23 s. A., nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:
Das Klagebegehren des Inhalts, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei EUR 18.254,23 samt 11,19% Zinsen seit 15.1.2008 zu bezahlen, wird abgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagte Partei deren mit EUR 8.398,48 (darin EUR 1.203,08 USt und EUR 1.180,-- Barauslagen) bestimmten Verfahrenskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin begehrte EUR 18.254,23 s. A. mit dem Prozessvorbringen, dass Sie am 1.10.2007 vom Beklagten ein Fahrzeug der Marke Dodge Ram 2500 um einen Kaufpreis von EUR 53.600,-- erworben habe. Der Beklagte habe zugesichert, dass sich das Fahrzeug in einem einwandfreien Zustand befinde. Am 28.10.2007 sei am Fahrzeug ein Schaden am Differenzial aufgetreten. Die Reparaturkosten hätten EUR 3.204,23 betragen, zu deren Ersatz der Beklagte aus dem Titel der Gewährleistung und des Schadenersatzes verpflichtet sei. Überdies habe die Klägerin Kenntnis davon erlangt, dass sie in Wahrheit nicht einen Dodge RAM 2500, sondern einen Dodge RAM 1500 erworben habe. Vom Beklagten sei zugesichert worden, dass das Fahrzeug ein Dodge RAM 2500 sei. Ein Dodge RAM 1500 koste nur EUR 38.600,--. Der Beklagte habe die Klägerin in Irrtum geführt. Aus dem Titel der Vertragsanpassung schulde er den Differenzbetrag von EUR 15.000,--. Weiters habe der Beklagte Nebenspesen in Höhe von EUR 50,-- zu ersetzen.
Der Beklagte bestritt und wendete ein, dass Sie Klägerin nur Leasingnehmerin sei. Es mangle daher ihre Aktivlegitimation. Den am Fahrzeug eingetretenen Schaden habe die Klägerin selber verschuldet. Der Beklagte habe auch keine Zusicherung gegeben, dass es sich um einen Dodge RAM 2500 handle. Nur die Exportbezeichnung , die an den Türen des Fahrzeuges angebracht sein, laute auf „RAM 2500“.
Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die von den Parteien vorgelegten Urkunden, Vernehmungen der Zeugen XXX, YYY, ZZZ, PV des Geschäftsführers der Klägerin und des Beklagten und Einholung eines Kfz-technischen Sachverständigengutachtens.
Folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt steht fest:
Der Beklagte handelt mit amerikanischen Fahrzeugen.
Er importiert diese Fahrzeuge aus Mexiko und verkauft sie in Österreich. Unter anderem importiert der Beklagte aus Mexiko auch Fahrzeuge der Marke Dodge RAM 1500, die die Exportbezeichnung Dodge RAM 2500 tragen. Die Bezeichnung „RAM 2500“ ist an den Türen des Fahrzeuges angebracht. In Österreich werden derartige Fahrzeuge nur von einigen Händlern angeboten. Der Händler-einkaufspreis ist nicht eindeutig bestimmbar, er hängt von verschiedenen Variablen, u.a. auch von der Anzahl der gekauften Fahrzeuge ab. Auch die Verkaufspreise an die Endverbraucher in Österreich sind unterschiedlich. Es gibt keinen bindend festgelegten Verkaufspreis. Im Jahre 2007 wurden derartige Fahrzeuge ohne Zubehör um einen Kaufpreis von EUR 45.000,-- bis EUR 47.000,-- gehandelt.
Im Jahre 2007 betrug der Listenpreis in den USA für einen Dodge RAM 1500, 4x4, USD 33.945,--, umgerechnet EUR 24.941,--. Zuzüglich des Zolls und der Kosten für Umbauarbeiten auf österreichische Verhältnisse, Transport und Umtypisierung des Fahrzeugs, ist der Händlereinstandspreis mit EUR 33.441,-- anzunehmen. Der durchschnittliche Verkaufspreis für ein solches Fahrzeug im Jahr 2007 in Österreich, ohne Zubehör, ist mit EUR 45.927,-- anzunehmen. Mit dem der Klägerin angebotenen und käuflich erworbenen Zugehör (Laderaumabdeckung, Jalousie, Seitenschutzrohre mit integrierten Trittbrettern, Montage- und Laderaumabdeckung, Standheizung) ergibt sich ein durchschnittlicher Verkaufspreis, inkl. USt., in Höhe von EUR 49.269,--.
Der Geschäftsführer der Klägerin hatte bei einem Aufenthalt in den USA Fahrzeuge der Marke Dodge RAM gesehen. Er beschloss ein derartiges Fahrzeug zu erwerben und suchte den Beklagten auf. Dieser bot gerade ein Fahrzeug der Marke Dodge RAM 1500, 4x4 Sport/Pritsche/Automatik samt Zubehör (Laderaumabdeckung, Jalousie, Seitenschutzrohre mit integrierten Trittbrettern, Montage- und Laderaumabdeckung, Standheizung) zu einem Gesamtkaufpreis von 53.600,- an. Der Einzelgenehmigungsbescheid für das Fahrzeug lautet auf Dodge, Type RAM 1500, Pritsche, LKW N1 (Beilage ./F). Der Beklagte hatte das Fahrzeug aus Mexiko importiert. Es trug die Exportbezeichnung „RAM 2500“, die an den Türen des Fahrzeuges angebracht war. Die Streitteile waren sich einig, dass der Geschäftsführer der Klägerin genau dieses Fahrzeug, mit dem er die Probefahrt gemacht hatte und das ihm gefiel, kaufen wollte. Hätte der Beklagte ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich bei diesem Fahrzeug um einen Dodge RAM 1500 handelt, der nur die Exportbezeichnung RAM 2500 trägt, wäre der Kaufvertrag mit dem selben Inhalt abgeschlossen worden.
Ca. drei Wochen nach Abschluss des Kaufvertrages unternahm Alexander Kollin mit dem Fahrzeug eine Geländefahrt. Er benützte einen Feldweg mit schlammigem und rutschigem Boden. Er versuchte mehrmals eine Steigung zu überwinden. Bei den ersten Versuchen drehten die Räder durch, er schob zurück und versuchte es noch einmal. Bei diesem Versuch wurde das Fahrzeug durch ein nicht mehr näher feststellbares Hindernis beschädigt. Das Differenzialgehäuse wies an der Innenseite im Lagerbereich mehrere scharfkantige Beschädigungen auf. Eine Verzahnung am Tellerrad war großflächig abgebrochen. Teilweise waren mehrere Verzahnungen im Schulterbereich scharfkantig abgetragen. Der linke Lagerbock war mittig gebrochen. Der Geschäftsführer der Klägerin vertrat gegenüber dem Beklagten die Auffassung, dass bei dem Fahrzeug ein Materialfehler zu diesem Schaden geführt habe. Der Beklagte lehnte jedoch eine Reparatur auf seine Kosten ab. Die Klägerin ließ das Fahrzeug bei der Firma XYZ reparieren. Anlässlich der Reparatur wurde auch die Kardanwelle ausgetauscht, weil die Befürchtung bestand, dass diese auf Grund der Beschädigung des Differenzials nicht mehr einwandfrei funktionsfähig sei. Die Reparaturkosten betrugen EUR 3.204,23 (Beilage ./D). Es ist nicht erwiesen, dass die festgestellten Schäden auf einen Produktions- oder Fertigungsmangel bzw. einen Materialfehler zurückzuführen sind.
Beweiswürdigung:
Die Sachverhaltsfeststellungen gründen sich im Wesentlichen auf das schlüssige und unbedenkliche Sachverständigengutachten; insbesondere legte der Sachverständige überzeugend dar, dass als Ursache der Schäden ein Produktions- oder Materialfehler auszuschließen und der Stellungnahme des Zeugen XXX in seinem für die Experta Schadenregulierungs GmbH erstellten Gutachten, dass die Beschädigungen am Differenzial eindeutig auf einen Bedienfehler hinweisen würden und dass die Sperre (100%) mit hoher Wahrscheinlichkeit unter Fahrbetrieb eingelegt worden sei (Beilage ./III) schon deswegen nicht gefolgt werden könne, weil das Fahrzeug am Frontdifferenzial gar nicht mit einer Differenzialsperre ausgestattet sei (Seite 23 des Gutachtes ON 27). Sowohl der vom Gericht bestellte Sachverständige als auch der Kfz-Bereich also Sachverständiger tätige Zeuge ZZZ und die als Kfz-Mechaniker tätigen Zeugen XXX und YYY schlossen auf Grund ihrer Erfahrungen einen Bedienfehler oder einen Material- bzw. Produktionsfehler als Schadensursache aus und gelangten zu der Auffassung, dass es sich um einen „sehr unüblichen Schaden“ (Zeuge YYY, Seite 5 des Protokolls vom 3.9.2009=AS 113) handle bzw., dass er „in 18 Jahren ein derart beschädigtes Gehäuse noch nicht gesehen habe“ (Zeuge XXX, Seite 2 des Protokolls vom 26.2.2010=AS 220). Da sich aus der Aussage des Geschäftsführers der Klägerin ergibt, dass er tatsächlich bei einer Geländefahrt Schwierigkeiten hatte eine Steigung zu überwinden, bestand für das Gericht kein Anlass zu zweifeln, dass es im Zuge dieses Fahrmanövers zu der Beschädigung des Fahrzeuges kam. Der Geschäftsführer der Klägerin versuchte mehrmals eine offensichtlich nicht bloß unerhebliche Steigung zu überwinden. Diese mehrmaligen Versuche legen nahe, dass bei den wiederholten Versuchen ein erhöhter Krafteinsatz zur Anwendung gelangte, was schließlich ein „Aufsitzen des Fahrzeuges bzw. eine Beschädigung durch ein am Boden befindliches Hindernis zur Folge hatte.“ Der Sachverständige führte ein mögliches Szenario für die Entstehung des Schadens dahin gehend an, dass versucht wurden sei, selbständig wieder heraus zu kommen. Die Darstellung des Geschäftsführers der Klägerin ist diesem Szenario durchaus vergleichbar. Schließlich ergeben sich aus dem Beweisverfahren auch überzeugende Anhaltspunkte dafür, dass für den Geschäftsführer der Klägerin der Marke des Fahrzeuges beim Kauf keine entscheidende Rolle spielte. Alexander Kollin sagte aus, ähnliche Fahrzeuge in den Vereinigten Staaten von Amerika gesehen und sich entschlossen zu haben, ein derartiges Fahrzeug zu erwerben. Bereits aus dem Umstand, dass er erst nachträglich über Internetkontakte erfahren hat, dass es sich bei seinem Fahrzeug nicht um einen RAM 2500 handelt, ergibt sich, dass die Marke des Fahrzeuges für ihn nicht von besonderem Interesse war und daher sicherlich auch bei den Kaufgesprächen nicht ausdrücklich besprochen wurde. Eine ausdrückliche Zusicherung des Beklagten, dass es sich bei dem Fahrzeug um einen RAM 2500 handel, kann daher nicht angenommen werden. Dies wäre auch lebensfremd, zumal der Einzelgenehmigungsbescheid auf ein Fahrzeug der Marke RAM 1500 lautet.
Rechtliche Beurteilung:
Die Eigentümerin des Fahrzeuges hat der Klägerin als Leasingnehmerin die Ansprüche aus dem Kaufvertrag abgetreten. Die Aktivlegitimation der Klägerin ist daher zu bejahen. Die Klägerin begehrt den Ersatz der Reparaturkosten und Nebenspesen aus dem Titel der Gewährleistung bzw. des Schadenersatzes. Der Gewährleistungsberechtigte bzw. der Geschädigte ist für das Vorliegen eines Mangels im Zeitpunkt der Übergabe des Fahrzeuges bzw. für den Schadenseintritt und dessen Verursachung durch den Beklagten beweispflichtig. Dieser Beweis ist der Klägerin nicht gelungen.
Ein wesentlicher Mangel liegt auch vor, wenn eine bestimmte Eigenschaft der Sache vereinbart wurde. Eine solche Vereinbarung liegt aber nur dann vor, wenn der Käufer entweder ausdrücklich erklärt oder durch sein Verhalten zu erkennen gegeben hat, dass er auf die betreffende Eigenschaft einen solchen Wert legt, dass davon der Vertragsabschluss abhängt. Der Geschäftsführer der Klägerin hat ohne konkrete Zusagen des Beklagten ein ganz bestimmtes Fahrzeug ausgewählt. Für den Entschluss zum Kauf dieses Fahrzeuges zu dem vom Beklagten genannten Kaufpreis, war nicht ausschlaggebend, dass es sich um ein Fahrzeug der Marke Dodge RAM 2500 handelt. Die Eigenschaft „RAM 2500“ wurde somit von den Parteien nicht vereinbart. Ein allfälliger Irrtum des Geschäftsführers er Klägerin über diese Eigenschaft des Fahrzeuges ist nicht kausal. Er hätte nämlich auch ohne diesen Irrtum den Kaufvertrag mit dem selben Inhalt abgeschlossen. Die Klägerin hat somit weder Anspruch auf Preisminderung nach auf Vertragskorrektur.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41 ZPO; den Einwendungen der Klägerin kommt keine Berechtigung zu. Die für die Erstattung des schriftlichen Sachversändigengutachtens bestimmte Gebühr in Höhe von EUR 1.560,-- haben die beiden Parteien jeweils zur Hälfte, somit mit EUR 780,-- begleichen. Die für die Gutachtensergänzung in der Tagsatzung vom 26.2.2010 bestimmten Sachverständigengebühren on Höhe von EUR 400,-- wurden nach Schluss der Verhandlung allein aus dem von dem Beklagten erlegten Kostenvorschuss von EUR 500,-- beglichen; die restlichen, von den Parteien erlegten Kostenvorschüsse wurden rücküberwiesen. Der Beklagte hat nur Sachverständigengebühren in Höhe von EUR 1.000,-- verzeichnet. Bei der Kostenentscheidung war zu berücksichtigen, dass nachträglich (§ 54 Abs. 2 ZPO) der Beklagte mit weiteren Sachverständigengebühren belastet wurde, so dass er insgesamt Sachverständigengebühren in Höhe von EUR 1.180,-- alleine getragen hat. Es ergeben sich daher die vom Beklagten verzeichneten und von der Klägerin nicht beanstandeten Kosten von EUR 7.218,48 (inkl. Ust.) und Barauslagen von EUR 1.180,--, somit insgesamt ein Kostenersatzanspruch des Beklagten in Höhe von EUR 8.398,48. Für die Einwendung gegen die Kostennote gebühren keine Kosten.